Eine Abschätzung möglicher Rückgänge der Bauaktivität durch gestiegene Zinsen für die Jahre 2023-24: Mehr öffentlicher Wohnungsbau zum Erhalt der Kapazitäten?
Der Wohnungsbau in Deutschland hat bis zum Jahr 2022 einen über eine Dekade währenden Aufschwung erfahren, der sich neben nachfrageseitigen Faktoren insbesondere auf günstige Finanzierungsbedingungen stützte. Mit den Energiepreisschocks aufgrund des Ukraine-Kriegs und den darauffolgenden Zinserhöhungen der Europäischen Zentralbank hat sich der Ausblick für das Baugewerbe insgesamt deutlich verschlechtert. Der vorliegende Policy Brief schätzt auf Basis übersichtlicher Kointegration-Spezifikationen wichtige Kenngrößen der Bauaktivität und prognostiziert ihre zukünftige Entwicklung. Zwar sind die geschätzten Spezifikationen mit großer Unsicherheit verbunden und sollten deshalb vor allem als Risikoszenario gesehen werden; die prognostizierte Entwicklung ist allerdings erheblich: Danach würden die realen Wohnungsbauinvestitionen (Bruttowertschöpfung des Baugewerbes) 2023 und 2024 um 20,9 Mrd. Euro (13,4 Mrd. Euro) bzw. 16,4 Mrd. Euro (10,6 Mrd. Euro) zurückgehen. Die Baufertigstellungen werden der modellierten Spezifikation zufolge von 295.000 Wohnungen 2022 auf 223.000 Wohnungen 2023 und 177.000 Wohnungen 2024 fallen. Die Projektion für 2024 übertrifft den 2009 erreichten historischen Tiefststand der Wohnungsbautätigkeit nur noch leicht. Um angesichts dieses drohenden Einbruchs der Bauaktivität einen anhaltenden Kapazitätsabbau im Baugewerbe zu verhindern, der auch mittel- bis langfristig das verfügbare Angebot weit hinter dem Bedarf zurückbleiben lässt, empfiehlt der Policy Brief einen auf die tatsächliche Entwicklung in dem Sektor konditionierte Ausweitung des öffentlichen Wohnungbaus.
Stichworte: Bauzyklus, Wohnungsbau, Investitionen, Kapazität
Quelle
Jonas, Lukas; Martin, Carolin; Theobald, Thomas:
Mehr öffentlicher Wohnungsbau zum Erhalt der Kapazitäten?
IMK Policy Brief, Düsseldorf, 22 Seiten