Wirtschaftspolitische Herausforderungen 2023: Zeitenwende erfordert aktive Wirtschaftspolitik mit Augenmaß
Die Energie- und Nahrungsmittelpreisschübe stellen einen massiven Schock für die Wirtschaft dar. Er zeigte sich am deutlichsten im rapiden Anstieg der Inflation auf das 70-Jahres-Hoch von 10,4 % im Verlauf von 2022. Bei einem Terms-of-Trade-Schock ist eine etwas expansivere Wirtschaftspolitik sinnvoll, da die gedämpfte gesamtwirtschaftliche Nachfrage eine Unterauslastung der Kapazitäten bewirkt. Die Energiepreisbremsen stabilisieren die Nachfrage, erhalten den erforderlichen Sparanreiz und wirken zugleich als automatische Stabilisatoren. Die Zinserhöhungen der EZB an der Schwelle zur Rezession waren angesichts bisher moderater Lohnsteigerungen überzogen. Sie erhöhen das Risiko einer tiefen Rezession und von Marktturbulenzen. Die Maßnahmen der Bundesregierung wirken insgesamt zwar stabilisierend, sollten aber verteilungspolitisch nachgebessert werden. Der Energieverbrauch dürfte auch im Winter reduziert bleiben. Mittelfristig muss der Weg für eine klimaneutrale Produktion geebnet werden, insbesondere mit erneuerbaren Energien. Die EU sollte zügig den CO2-Grenzausgleichsmechanismus umsetzen, um zu verhindern, dass Unternehmen ihre energieintensive Produktion ins Ausland verlagern. Die Verlängerung des erleichterten Zugangs zu Kurzarbeit und grundsätzlich auch das Bürgergeld sind zu begrüßen. Eine gesetzliche Erleichterung der Allgemeinverbindlicherklärung von Tarifverträgen wäre in der aktuellen Krise ein wichtiges Signal.
Stichworte: Wirtschaftspolitik, Ungleichheit, Finanzmarkt, Arbeitsmarkt, Finanzkrise, Wirtschaftskrise, Herausforderungen
Quelle
Dullien, Sebastian; Bauermann, Tom; Herzog-Stein, Alexander; Rietzler, Katja; Stephan, Sabine; Tober, Silke; Watt, Andrew:
Zeitenwende erfordert aktive Wirtschaftspolitik mit Augenmaß
IMK Report, Düsseldorf, 24 Seiten