Schriftliche Stellungnahme für die Anhörung des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages am 7. Oktober zum Entwurf eines Gesetzes zur steuerlichen Freistellung des Existenzminimums 2024 und zum Entwurf des Steuerfortentwicklungsgesetzes: Ausgleich der "kalten Progression": Das Problem liegt bei den Sozialbeiträgen
Während breite Einkommensschichten unterhalb der Schwelle zur Reichensteuer bei der Einkommensbesteuerung 2025 und 2026 jeweils im Vergleich zum Vorjahr spürbar entlastet werden, ergibt sich bei Berücksichtigung der Sozialversicherungsbeiträge insgesamt für die meisten eine Mehrbelastung, wenn man die von der Gemeinschaftsdiagnose der Institute erwarteten Beitragssatzsteigerungen berücksichtigt. Unterstellt man konstante Beitragssätze, so würde die Mitte der Einkommensverteilung 2025 unter dem Strich geringfügig entlastet, 2026 wären die Effekte in der Mitte gering und je nach Einkommenshöhe und Haushaltskonstellation minimal positiv oder negativ. Haushalte mit höheren Einkommen erfahren 2025 wie 2026 eine spürbare Mehrbelastung durch die sehr starken Anhebungen der Beitragsbemessungsgrenze. Der alleinige Blick auf die Einkommensbesteuerung vernachlässigt, dass die Sozialversicherungsbeiträge für die Belastung der Bruttoeinkommen eine ganz wesentliche Rolle spielen und beabsichtigte steuerliche Entlastungen sogar überkompensieren. Angesichts der Tatsache, dass für einen großen Teil der Bevölkerung die Sozialversicherungsbeiträge die maßgebliche Belastung des Bruttoeinkommens darstellen, sollte die Politik Maßnahmen ergreifen, um Beitragssätze zu stabilisieren. Eine stärkere Finanzierung von gesamtgesellschaftlichen Aufgaben, die von den Sozialversicherungen übernommen werden, durch Steuermittel wäre ein Beitrag dazu.
Stichworte: Kalte Progression, Einkommensteuer, Sozialversicherungsbeiträge, Steuerfortentwicklungsgesetz
Quelle
Rietzler, Katja:
Ausgleich der "kalten Progression": Das Problem liegt bei den Sozialbeiträgen
IMK Policy Brief, Düsseldorf, 17 Seiten