Quelle: HBS
PodcastsSystemrelevant Podcast: Wie wirkt sich der Krieg in der Ukraine auf die Wirtschaft aus?
Wie sich der Krieg in der Ukraine inklusive aller Sanktionen auf die Wirtschaft auswirken könnte, besprechen Sebastian Dullien und Marco Herack in einer neuen Folge.
[08.03.2022]
Vorangestellt sei der Hinweis, dass es in unserer Folge vor allem um die wirtschaftlichen Auswirkungen des Krieges in der Ukraine geht – uns nachzusehen ist deshalb die Tatsache, dass wir uns in diesem Rahmen nur bedingt mit den humanitären Folgen beschäftigen.
Können wirtschaftliche Auswirkungen eines Krieges überhaupt abgeschätzt werden? Und wenn ja, ab wann?
IMK-Direktor Sebastian Dullien erklärt zu Beginn, wie vorhandene ökonomische Prognosemodelle arbeiten, dass sie für die wirtschaftlichen Auswirkungen eines Kriegs schlecht geeignet sind und wieso es deshalb für Ökonom:innen wahnsinnig schwierig ist, Einschätzungen abzugeben.
Klar ist, dass die aktuellen Geschehnisse große Auswirkungen auf viele relevante Bereiche haben: von der mittlerweile gut bekannten Lieferkettenproblematik aufgrund von Autoteilen wie Kabeln (die in der Ukraine als Zulieferer-Land produziert werden und was wiederum bei VW zu Kurzarbeit führt) über Weizen (der sowohl in Russland als auch der Ukraine für beispielsweise Nordafrika hergestellt wird) und die vieldiskutierten Rohstoffe und Energiepreise (mit immensen Auswirkungen auf viele Staaten) bis zur Software-Entwicklung (welche sich aber immerhin und im Gegensatz zur Industrie recht leicht verlagern lässt).
Militärausgaben, Sondervermögen und die Schuldenbremse
Das Maßnahmenpaket der Bundesregierung mit Militärausgaben in Höhe von 100 Mrd. im Rahmen eines Sondervermögens wird nicht vor 2023/2024 relevant für das Wirtschaftswachstum werden, aber es verändert makroökonomische Rahmenbedingungen. Das Sondervermögen ist nicht im normalen Haushalt enthalten, es bedeutet aber kurz gesagt, dass mehr Schulden gemacht werden müssen.
Wenn wir jetzt höhere Rüstungsausgaben brauchen, sollte man dafür nicht an anderen Stellen kürzen, die uns wichtig sind. Etwa bei unseren Sozialsystemen.
Ist es notwendig bei einer Erhöhung der Militärausgaben die sozialen Ausgaben zu kürzen? Spätestens aktuell wird laut Sebastian Dullien klar, dass die Schuldenbremse viel zu eng ist. Wenn diese aufrechterhalten bleiben sollte, müssen an anderer Stelle Kürzungen vorgeschlagen werden. Man könnte aber auch Steuern wie etwa die Erbschaftssteuer erhöhen: „Das interessante ist ja, dass diejenigen, die die Schuldenbremse jetzt unbedingt einhalten möchten, dass die auch automatisch Steuererhöhungen ausschließen.“ Moralisch ließe sich jetzt argumentieren, dass Reiche und der Unternehmenssektor es waren, die am meisten von dem Handel mit Russland profitiert haben und so nun auch mehr Steuer zahlen könnten.
Für einen ziemlich heftigen Schock (Versorgungsengpässe, Abschalten von Industrieanlagen, steigende Strompreise), den es geben wird, wenn kein Gas mehr aus Russland bezogen wird, gäbe es Kompensations-Möglichkeiten wie den von Sebastian Dullien und Isabella Weber vorgeschlagenen Gaspreisdeckel.
Weitere Informationen
Wie sollte man mit hohen Gaspreisen umgehen? Sebastian Dullien und Isabella Weber erklären in Folge 91 die Idee eines Gaspreisdeckels.
"Inflation: Der Staat muss den Gaspreis deckeln", Artikel in der Süddeutschen Zeitung.
Hier das Transkript zur Folge 94 als PDF herunterladen!
Alle Informationen zum Podcast
In Systemrelevant analysieren führende Wissenschaftler:innen der Hans-Böckler-Stiftung gemeinsam mit Moderator Marco Herack, was Politik und Wirtschaft bewegt: makroökonomische Zusammenhänge, ökologische und soziale Herausforderungen und die Bedingungen einer gerechten und mitbestimmten Arbeitswelt – klar verständlich und immer am Puls der politischen Debatten.
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Christina Schildmann