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In einem Supermarkt mit vollen Regalen bückt sich eine Frau mit Einkaufskorb um ein Produkt aus dem Regal zu nehmen. Sie hat Winterkleidung an. Pressemitteilungen

Neue Werte des IMK Inflationsmonitors: Trotz Anstiegs liegt die Inflation für 8 von 9 Haushaltstypen bei oder unter 2 Prozent, EZB sollte Zinsen weiter senken

17.12.2024

Die Inflationsrate in Deutschland ist im November gegenüber Oktober von 2,0 auf 2,2 Prozent gestiegen. Damit lag sie wieder etwas über dem Inflationsziel der Europäischen Zentralbank (EZB) von zwei Prozent – dieses wird sie aber bereits im ersten Halbjahr 2025 auch dauerhaft erreichen. Die Inflationsraten verschiedener Haushaltstypen, die sich nach Einkommen und Personenzahl unterscheiden, lagen im November mit einer Ausnahme bei oder unter zwei Prozent. Der Unterschied zwischen der höchsten und der niedrigsten haushaltsspezifischen Inflationsrate betrug 0,6 Prozentpunkte. Während insbesondere ärmere Familien im Mittel der Jahre 2022 und 2023 eine deutlich höhere Teuerung schultern mussten als Haushalte mit mehr Einkommen, war ihre Inflationsrate im November 2024 wie in den Vormonaten unterdurchschnittlich: Der Warenkorb von Paaren mit Kindern und niedrigen Einkommen verteuerte sich um 1,6 Prozent. Dabei wirkte sich aus, dass sowohl aktuelle Preisrückgänge bei Haushaltsenergie als auch bei Kraftstoffen in ihrem Warenkorb ein relativ hohes Gewicht haben. Das gilt, etwas abgeschwächt, auch bei Alleinerziehenden sowie bei Paaren mit Kindern und jeweils mittleren Einkommen, deren Teuerungsraten 1,7 bzw. 1,8 Prozent betrugen. Das ergibt der neue IMK Inflationsmonitor, den das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung vorlegt.

Die Teuerung ist damit aktuell weitgehend unter Kontrolle. Ein längerfristiger Vergleich, den IMK-Inflationsexpertin Dr. Silke Tober in ihrem neuen Bericht anstellt, zeigt aber auch die Nachwirkungen der hohen Inflation in den vergangenen Jahren. Insgesamt lagen die Verbraucherpreise im November 2024 um 20,5 Prozent höher als fünf Jahre zuvor. Im Einklang mit der EZB-Zielinflation wären über diesen Zeitraum nur 10,4 Prozent gewesen. Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke verteuerten sich sogar um 36,7 Prozent, Energie war trotz der Preisrückgänge in letzter Zeit um 37,1 Prozent teurer als im November 2019. Deutlich weniger stark, um 16,6 Prozent, haben sich Dienstleistungen verteuert. Paare ohne Kinder mit mittleren Einkommen und ärmere Familien hatten im Fünf-Jahres-Vergleich die höchste Inflationsbelastung zu schultern, Alleinstehende mit sehr hohen Einkommen die niedrigste (mehr unten).

Für die Geldpolitik sind indes die mittlerweile wieder entspannte Preisentwicklung und die normalisierte mittelfristige Perspektive maßgeblich, betont Ökonomin Tober. Zumal die Wirtschaft im Euroraum schwächelt und in Deutschland stagniert. Daher hält die Autorin des IMK Inflationsmonitors weitere Zinsschritte für erforderlich. 

Die Zinssenkung der EZB Mitte Dezember war ein Schritt in die richtige Richtung. Aktuell sind die Zinsen aber noch auf einem Niveau, das die Wirtschaft dämpft, so dass die Zinsen im kommenden Jahr zügig weiter gesenkt werden sollten.

Dr. Silke Tober, IMK-Expertin für Geldpolitik

Das IMK berechnet seit Anfang 2022 monatlich spezifische Teuerungsraten für neun repräsentative Haushaltstypen, die sich nach Zahl und Alter der Mitglieder sowie nach dem Einkommen unterscheiden (mehr zu den Typen und zur Methode unten). In einer Datenbank liefert der Inflationsmonitor zudem ein erweitertes Datenangebot: Online lassen sich Trends der Inflation für alle sowie für ausgewählte einzelne Haushalte im Zeitverlauf in interaktiven Grafiken abrufen (Link unten).

Ärmere Familien mussten in fünf Jahren knapp 21 Prozent Inflation schultern

Die längerfristige Betrachtung illustriert, dass Haushalte mit niedrigem bis mittlerem Einkommen von der starken Teuerung nach dem russischen Überfall auf die Ukraine besonders stark betroffen waren, weil Güter des Grundbedarfs wie Nahrungsmittel und Energie in ihrem Budget eine größere Rolle spielen. Diese wirkten lange als die stärksten Preistreiber. So betrug auf dem Höhepunkt der Inflationswelle im Oktober 2022 die Teuerungsrate für Familien mit niedrigen Einkommen 11 Prozent, die für ärmere Alleinlebende 10,5 Prozent. Alleinlebende mit sehr hohen Einkommen hatten damals mit 7,9 Prozent die mit Abstand niedrigste Inflationsrate. 

In der Betrachtung über einen Fünf-Jahres-Zeitraum sind die Unterschiede weniger stark, weil sich zuletzt vor allem Dienstleistungen verteuert haben, die Haushalte mit mittleren bis höheren Einkommen stärker nachfragen als Ärmere. Seit November 2019 stiegen so die Preise für den Warenkorb von Paaren ohne Kinder mit mittleren Einkommen um 20,9 Prozent. Das ist der höchste Wert, dicht gefolgt von einkommensschwachen Familien mit 20,8 Prozent. Die niedrigste längerfristige Teuerungsrate hatten mit 18,7 Prozent erneut Alleinlebende mit sehr hohen Einkommen. Erschwerend kommt hinzu, dass Haushalte mit niedrigeren Einkommen wenig finanzielle Polster besitzen und sich die Güter des Grundbedarfs, die sie vor allem nachfragen, kaum ersetzen oder einsparen lassen. 

Aktuell verteuern sich die spezifischen Warenkörbe von ärmeren Familien weniger stark als der Durchschnitt, weil sie wegen der Kinder häufiger ein Auto haben, weshalb sich bei ihnen nicht nur die gesunkenen Preise für Haushaltsenergie, sondern auch für Kraftstoffe spürbar auswirken. Alleinlebende mit niedrigen Einkommen besitzen dagegen selten ein Auto. Daher liegt ihre Inflationsrate aktuell mit 1,8 Prozent etwas höher und auf dem gleichen Niveau wie bei Alleinlebenden mit mittleren Einkommen. Den gleichen Wert weisen Familien mit mittleren Einkommen aus. Dass wiederum Alleinlebende mit sehr hohen Einkommen mit 2,2 Prozent im November – wie auch in den Monaten zuvor – eine etwas höhere Inflationsrate hatten als die übrigen Haushalte im Vergleich, liegt daran, dass sie stärker als andere etwa Kfz-Versicherungen, Restaurantdienstleistungen, Pauschalreisen oder soziale Dienstleistungen nachfragen, die in den vergangenen Monaten eine überdurchschnittliche Teuerungsrate aufwiesen. Das gilt, leicht abgeschwächt, auch für Paare mit Kindern und hohen Einkommen (2,0 Prozent) sowie für Paare ohne Kinder mit mittleren Einkommen und für Alleinlebende mit höheren Einkommen, deren Warenkörbe sich um jeweils 1,9 Prozent verteuerten.

Informationen zum Inflationsmonitor

Für den IMK Inflationsmonitor werden auf Basis der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) des Statistischen Bundesamts die für unterschiedliche Haushalte typischen Konsummuster ermittelt. So lässt sich gewichten, wer für zahlreiche verschiedene Güter und Dienstleistungen – von Lebensmitteln über Mieten, Energie und Kleidung bis hin zu Kulturveranstaltungen und Pauschalreisen – wie viel ausgibt und daraus die haushaltsspezifische Preisentwicklung errechnen. Die Daten zu den Haushaltseinkommen stammen ebenfalls aus der EVS. Im Inflationsmonitor werden neun repräsentative Haushaltstypen betrachtet: Paarhaushalte mit zwei Kindern und niedrigem (2000-2600 Euro), mittlerem (3600-5000 Euro), höherem (mehr als 5000 Euro) monatlichem Haushaltsnettoeinkommen; Haushalte von Alleinerziehenden mit einem Kind und mittlerem (2000-2600 Euro) Nettoeinkommen; Singlehaushalte mit niedrigem (unter 900 Euro), mittlerem (1500-2000 Euro), höherem (2000-2600 Euro) und hohem (mehr als 5000 Euro) Haushaltsnettoeinkommen sowie Paarhaushalte ohne Kinder mit mittlerem Haushaltsnettoeinkommen zwischen 3600 und 5000 Euro monatlich. Der IMK Inflationsmonitor wird monatlich aktualisiert.

Kontakt

Dr. Silke Tober
IMK-Expertin für Geldpolitik

Rainer Jung
Leiter Pressestelle

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