Quelle: HBS
Prognosen des IMK: So wird 2025
Einschätzungen zur ökonomischen Entwicklung von Forscher:innen des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung
Kommt für die deutsche Wirtschaft 2025 endlich die Wende?
Sebastian Dullien: Nein, auch im kommenden Jahr dürfte die deutsche Wirtschaft insgesamt weiter stagnieren. Die Finanzpolitik ist nach heutigem Stand leicht restriktiv ausgerichtet. Die weiter für die aktuelle Konjunktur- und Inflationsentwicklung übermäßig hohen Zinsen bremsen die Investitionstätigkeit und dabei besonders stark die Baunachfrage. Zudem sind die Haushalte und Unternehmen verunsichert, sodass sie sich mit Investitionen und größeren Anschaffungen zurückhalten. Im Quartalsvergleich könnte sich allerdings in der zweiten Jahreshälfte eine leichte Besserung abzeichnen, wenn der Kurs der neuen Bundesregierung klarer wird und diese möglicherweise sogar einen Kurswechsel bei der Finanzpolitik einleitet.
Wird die deutsche Inflation 2025 wieder steigen?
Silke Tober: Nein, aus heutiger Sicht dürfte die Inflation in Deutschland im Jahr 2025 bei 2 % liegen und auch in einzelnen Monaten nur wenig davon abweichen. Insbesondere dürfte sich der Preisauftrieb bei Dienstleistungen aus drei Gründen normalisieren. Erstens schwächt sich die nachholende Lohndynamik ab, die bei Dienstleistungen ein wichtiger Kostenfaktor ist. Zweitens lässt das Durchwirken von Preissteigerungen aus anderen Bereichen nach, wie beispielsweise der Anstieg der Kfz-Versicherungspreise als Reaktion auf gestiegene Preise für Pkw, Ersatzteile und Reparatur. Drittens dürfte die Anhebung der Mehrwertsteuer auf Speisen im Gastgewerbe auf 19 % Anfang 2024 mittlerweile vollständig in den Preisen reflektiert sein. Zugleich wird der dämpfende Effekt der sinkenden Energiepreise abnehmen. Nach 2,2 % im Jahr 2024 dürfte die deutsche Inflation im Jahr 2025 das Inflationsziel der EZB punktgenau treffen. Es bestehen allerdings erhebliche Risiken, insbesondere infolge der Kriege in Europa und im Nahen Osten. Zudem könnte die neue Bundesregierung weitere preistreibenden Maßnahmen beschließen, neben der bereits feststehenden Erhöhung des CO2-Preises und des Deutschlandtickets zu Jahresbeginn sowie der Anhebung der Tabaksteuer und der Luftverkehrsabgabe. Ein weiteres Risiko besteht in einer weiteren Abschwächung der Wirtschaft, was eine Abwertung des Euro und steigende Importpreise zu Folge hätte.
Wird die Arbeitslosigkeit 2025 weiter zunehmen?
Alexander Herzog-Stein: Ja, die Arbeitslosigkeit in Deutschland wird auch im Jahr 2025 weiter ansteigen. Nachdem die anhaltend stagnative Wirtschaftsentwicklung nunmehr auch den lange Zeit robusten Arbeitsmarkt erreicht hat und seit Mitte 2024 neben der steigenden Arbeitslosigkeit auch die Beschäftigung abnimmt, ist im Jahr 2025 keine wirkliche Verbesserung zu erwarten. Vielmehr wird im Jahresdurchschnitt 2025 die Erwerbstätigkeit um 0,2% zurückgehen und die Arbeitslosenquote auf 6,3 % ansteigen, so dass sie 0,3 Prozentpunkte höher sein wird als 2024.
Wird es 2025 spürbare Fortschritte beim Abbau des Investitionsstaus geben?
Katja Rietzler: Nein. Angesichts weiter kräftig steigender Sozialausgaben stehen die Kommunen finanziell stark unter Druck. Zudem dürften die Investitionen des Bundes an Dynamik verlieren, weil die vorläufige Haushaltsführung nur die Fortführung bereits begonnener Projekte erlaubt. Die nächste Bundesregierung müsste eine radikale Kehrtwende einleiten, was frühestens in der zweiten Jahreshälfte Wirkung zeigen dürfte.
Fallen 2025 die Preise für deutsche Wohnimmobilien weiter?
Carolin Martin: Nein, davon ist aktuell nicht auszugehen. Die Preise für Wohnimmobilien in Deutschland sind im Jahresschnitt 2024 insgesamt weiterhin rückläufig gewesen. Im 2. Quartal 2024 gab es jedoch einen Wendepunkt in der Preisentwicklung und die Preise sind nach mehrjährigem Abwärtstrend im Quartalsvergleich erstmals wieder um 1,3 % gestiegen. Besonders deutlich zeigt sich dabei die Wende bei Ein- und Zweifamilienhäusern in Metropolregionen. Senkt die EZB die Zinsen im Jahresverlauf weiter, wird sich dieser Trend fortsetzen. Schlecht sieht es allerdings für Wohnimmobilien mit Sanierungsbedarf und schlechter Energieeffizienz insbesondere in ländlichen Regionen aus, die weiterhin an Wert verlieren dürften.
Wird Donald Trump 2025 mit seinen Drohungen von Zollerhöhungen ernst machen?
Sabine Stephan: Ja, ganz sicher. Seine Maßnahmen werden sich gegen jene Länder richten, die gegenüber den USA die größten Handelsbilanzüberschüsse haben. Deshalb hat er auch bereits jetzt Mexiko und Kanada im Visier, was zeigt, dass Handelspartner selbst dann nicht vor Strafzöllen sicher sind, wenn sie schon einmal Trumps Forderungen nachgegeben und – wie die beiden Länder - sogar ein Freihandelsabkommen mit den USA geschlossen und nachverhandelt haben. Auch dürfte Donald Trump die Einfuhrzölle auf Waren aus China weiter anheben und versuchen, die EU mit der Androhung von Autozöllen, die sich primär gegen Deutschland richten, unter Druck zu setzen.
Wird die EZB ihre Zinsen 2025 weiter senken?
Silke Tober: Ja, insbesondere in der ersten Jahreshälfte wird die Europäische Zentralbank die Zinsen weiter senken. Nach den zehn Zinserhöhungen um insgesamt 4,5 Prozentpunkte von Juli 2022 bis September 2023 hat die EZB den Leitzins seit Juni 2024 bereits um insgesamt einen Prozentpunkt gesenkt. Mit 3,0 % liegt der Zins aber noch im restriktiven Bereich und dämpft die ohnehin stark belastete Wirtschaft in Deutschland und im Euroraum. Da das Inflationsziel der EZB in Höhe von 2 % auch im Euroraum insgesamt voraussichtlich bereits früh im Jahr 2025 nachhaltig erreicht wird, sind weitere Zinssenkungen überfällig. Das gilt umso mehr, als es mittlerweile nicht nur Aufwärts- sondern auch Abwärtsrisiken für die Inflation gibt. Mit ihrem aktuellen Kurs verhindert die EZB unnötigerweise Investitionen und Innovationen, die dringend zur Bewältigung der Herausforderungen der kommenden Jahre erforderlich sind.
Führt der Streit um den französischen Staatshaushalt zu einem neuen Ausbruch der Euro-Krise?
Sebastian Watzka: Eher nein. Die europäischen Regierungen und insbesondere auch die EZB haben in der Vergangenheit gezeigt, dass sie zum Handeln bereit sind, wenn es hart auf hart kommt. Wenn es erneut zu übertriebenen Marktverwerfungen kommen sollte, ist auch diesmal mit klaren Signalen der EZB zu rechnen, zumal der aktuelle Schuldenstand Frankreichs noch weit weg liegt von jenem in Griechenland oder Italien. Das dürfte die Märkte beruhigen, auch wenn diese derzeit angesichts des recht hohen französischen Staatsdefizits nervös sind, was man daran sieht, dass die Zins-Spreads französischer Staatsanleihen zu Bundesanleihen seit Beginn der Regierungskrise im Sommer 2024 um etwa 25 Basispunkte angestiegen sind.
Wird die Wirtschaftspolitik von Donald Trump die US-Wirtschaft 2025 in eine Rezession führen?
Thomas Theobald: Nein. Die Vorschläge von Donald Trump aus dem Wahlkampf haben zwar das Potenzial, das Land in eine Rezession zu drücken. Es ist aber nicht davon auszugehen, dass es dazu kommt. Oftmals dürfte es Trump und seiner Regierung auf die öffentliche Wahrnehmung und weniger auf das vollständige Umsetzen der Ideen ankommen. Bei anderen Vorschlägen – etwa den Zollplänen für Waren aus China, Kanada und Mexiko, besteht Unsicherheit, wie stark und schnell die wirtschaftlichen Folgen in den USA spürbar werden. Ob die Zölle allein zu einer Rezession führen, wird maßgeblich davon abhängen, wie stark sie auf die US- Verbraucherpreise durchwirken und wie stark damit die Kaufkraft gedämpft wird.
Gelingt 2025 die Wende beim Wohnungsbau und steigt die Zahl der Baugenehmigungen endlich wieder?
Carolin Martin: Ja, aus heutiger Sicht ist es wahrscheinlich, dass es in der zweiten Jahreshälfte 2025 eine Trendwende beim Wohnungsbau geben wird. Aktuell sind die Baugenehmigungen zwar noch rückläufig. Die anhaltend hohen Finanzierungs- und Materialkosten bremsen den Wohnungsbau aus. Weitere spürbare Zinssenkungen der EZB im Jahr 2025 dürften jedoch zu einer Entlastung bei der Baufinanzierung führen und damit die Baunachfrage stärken.
Wird der CO2-Ausstoß Deutschlands 2025 weiter fallen?
Tom Bauermann: Ja, die Emissionen werden voraussichtlich leicht sinken. Die Einspeisung der Erneuerbaren Energien auf dem Strommarkt sollten weiter steigen, weil sich die Lage für die Windenergieprojekte seit 2023 verbessert. Zudem stiegen zuletzt die Anteile klimafreundlicher Technologien im Verkehrssektor und bei der Wärmeversorgung. Ein wesentlicher Grund für die niedrigen Emissionen ist aber bisher vor allem die geringe Industrieproduktion. Für 2025 wird ebenfalls kaum eine Steigerung der Produktion erwartet.
Wird das Staatsdefizit unverändert hoch bleiben?
Katja Rietzler: Nein, die Einnahmen steigen zwar verlangsamt, aber deutlich stärker als die Ausgaben. Maßgeblich sind auf der Einnahmenseite die stark steigenden Beitragseinnahmen in Folge kräftiger Beitragssatzanhebungen. Sie gleichen die schwache Zunahme der Steuern mehr als aus. Die Ausgaben wachsen langsamer als noch im Vorjahr, unter anderem weil Preise und Löhne langsamer steigen. Zudem dürfte die vorläufige Haushaltsführung des Bundes etwas bremsend wirken. Die aktuelle IMK-Prognose erwartet für 2025 ein Defizit von 87,5 Mrd. Euro oder 2,0 % des Bruttoinlandsprodukts, nach 106,7 Mrd. Euro oder 2,5 % des BIP im Jahr 2024.